20 April 2008

Auf zu neuen Ufern!

Am morgigen Montag "darf" ich wieder einen neuen Chemotherapie-Zyklus beginnen. *freu* :(

Das heißt wieder einmal auf zur "lustigen Magenquälerei" mit den Hammer-Zytostatika. Neulich habe ich durch Zufall (durch das Magazin Brainstorm der Deutschen Hirntumorhilfe e.V.) erfahren, dass die Chemotherapie für niedriggradige Gliome nach WHO Grad II gar nicht kurativ wirkt. Das heißt, ich kann Chemo machen, sovielich will, der Tumor wird davon nicht kleiner.

Es wäre "ganz nett" gewesen, wenn man mir das im Bezirkskrankenhaus Regensburg, an das ich mich wegen einer Weiterführung der Therapie nach der Operation im letzten Sommer gewandt habe, auch mal freundlicherweise mitgeteilt hätte. Aber das war wahrscheinlich nicht drin, wegen dem ganzen Stresses, in dem die Assistenzärzte da ständig sind. Oder war es vielleicht eher deswegen, weil die frisch von der Uni kommenden ÄrztInnen noch keinen rechten Überblick haben?

Eines lernen die dort aber sehr schnell: dass sie bald dran sind mit abcashen. So systematisch, wie die Assistenzärzte in den Krankenhäusern ausgenutzt werden, wundert mich das überhaupt nicht. Wenn ich an deren stelle wäre, würde ich das genau so machen.

Bei 50 Wochenarbeitsstunden und mehr einen Hungerlohn bekommen und jeden Scheiß erledigen, den die Damen und Herren Ober- und Chefärzte nicht machen wollen, würde mit auch ziemlich ankotzen. Dafür hab ich volles Verständnis.

Als ich letztens nachdrücklich dem Oberarzt (!) die Frage gestellt habe, wie lange denn meine Chemotherapie noch dauern soll, hat man mir als Antwort (durch die Assistenzärzte (!) ) folgende Formulierung in den Arztbrief geschrieben:

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Zitat:
"Bei erhöhtem Risiko empfehlen wir, die Chemotherapie fortzusetzen."
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So eine "Antwort" muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Wenn ich den Hausmeister gefragt hätte, hätte der mir sicher eine ähnlich "gute" Antwort gegeben. Nur mit dem Unterschied, dass ich von dem nichts gescheiteres erwartet hätte. So ist das im Leben mit den Erwartungen - man sollte tunlichst keine haben, sonst werden sie enttäuscht.

Mich deucht, ich bin gar nicht wirklich krank. Es ist wohl vielmehr unser Gesundheitssystem in Deutschland. Aber was soll man schon erwarten, wenn die Ärzte nicht danach bezahlt werden, wie viele Gesunde Patienten sie haben, sondern danach, wie viele Kranke sie behandeln und wie viele "Fälle".

Wie ein Mensch wird man in diesem Bürokraten-Terror-System ja eh nicht behandelt. Gesundheitsreform, wo bist Du?

Hab ich da eigentlich was falsch verstanden? Sollte eine "Reform" nicht etwas, das vorher schlecht war wenigstens ein klein wenig besser machen?

Da muss ich mich wohl getäuscht haben. Da bin ich wohl zu naiv dazu. So war ich doch sonst nie. Anscheinend verändert mein Hirntumor schon meine Persönlichkeit...

Prost Mahlzeit, Deutschland!

2 Kommentare:

Alexandra hat gesagt…

Hallo Gerd,
ich bin's schon wieder. Ich geh gerad deine Einträge durch und du sprichst in der Tat so viele Dinge aus, die ich mir auch denke. Besonders der Satz mit den Erfahrungen...dieser könnte auch von mir sein. Das ist nämlich etwas, was ich meinem Freund auch nahebringen möchte...er darf einfach nicht zuviel erwarten. Zuviele Erwartungen sind gefühlsmässig teuer :-( Und was den ganzen Bürokratiemist betrifft, da stimme ich völlig zu. Ein Antragsformular für Menschlichkeit gibt es nicht...sollte vielleicht mal eingeführt werden, aber nur, wenn es min. 5 Seiten lang ist, von min. 3 Vorgesetzten unterschrieben werden muß und die Bearbeitungszeit min. 3 Monate dauert und man Belege noch möglichst aus der eigenen Kindergartenzeit vorlegen kann....*Augenroll*
Viele Grüße
Alexandra

Gerd Gerhard Loeffler hat gesagt…

Ich spreche die Dinge aus, die unter das Label "Unaussprechliches trotzdem gesagt fallen" ;)

Auch wenn's weh tut. Wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen. Auch im Spiegel!

Ich habe das lange Zeit gemacht und es ging mir nicht immer gut damit. Letztlich ist aber doch genau das die "hohe Schule des Lebens" oder?